Merkel vs. Mugabe

Merkel vs. Mugabe



Bundeskanzlerin Merkel kritisierte Simbabwes Präsident Mugabe und die schlimmen Zustände in seinem Land. Doch dafür ist zum Teil der Westen verantwortlich. Die Wahrheit:

In schulmeisterlicher und überheblicher Art trat Angela Merkel auf dem EU-Afrika-Gipfel am 8./9. Dezember in Lissabon auf. Sie kritisierte den autoritär herrschenden Präsidenten von Simbabwe, Robert Mugabe: die Situation in Simbabwe „schadet dem Ansehen des neuen Afrika“ und wegen „schlechter Regierungsführung und Mißachtung von Menschenrechten“ sei die Lage in diesem Land nicht hinnehmbar.

Die Afrikaner reagierten auf Merkels Belehrungen zurecht äußerst reserviert. Senegals prowestlicher Präsident Abdoulaye Wade warf ihr vor, sie habe keine Ahnung wovon sie spreche: „Sie hat aufgrund von Informationen gesprochen, von denen die meisten nicht stimmen. Was die Medien erzählen, stimmt nicht, es ist falsch.“

Der angegriffene Robert Mugabe, der sein Land erst 1980 in die Unabhängigkeit von Großbritannien führen konnte, warf den Europäern „Arroganz“ vor, sein Informationsminister erklärte einen Tag später, Merkel sei ein „Überbleibsel aus der Nazi-Zeit“.

Was war der Hintergrund dieses Schlagabtauschs? Zuerst muß man sagen, daß Robert Mugabe in Europa, besonders in der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien, sehr unbeliebt ist, weil er die Farmen der weißen Großgrundbesitzer enteignen ließ und das Land an Schwarze verteilte. Deshalb blieb der britische Premier Gordon Brown dem Gipfel auch fern. Besonders unter der Labour-Regierung von Tony Blair verschlechterten sich die Beziehungen zwischen beiden Ländern. In einem SPIEGEL-Interview im Frühjahr 2007 erklärte Kenneth Kaunda, der Unabhängigkeitskämpfer und erste Staatspräsident von Simbabwes Nachbarland Sambia, der Öffentlichkeit warum:

Nachdem Mugabe 1980 „Ministerpräsident geworden war, sagte ihm Margaret Thatcher (die britische Premierministerin): Machen Sie, was Sie wollen, aber rühren Sie mindestens 10 Jahre lang die Landfrage nicht an. Schmeißen Sie die britischstämmigen Farmer nicht raus. Er war Premier, aber das Land befand sich zu einem großen Teil immer noch in der Hand derjenigen, die ihn zuvor eingesperrt hatten. Trotzdem hielt er sein Versprechen. Die konservativen Regierungen von Thatcher und später von John Major diskutierten immer wieder die Frage des Landbesitzes und suchten eine einvernehmliche Lösung. Sie wollten erreichen, daß mehr weiße Farmer freiwillig Land verkauften. Ausgerechnet Tony Blairs Sozialisten wollten plötzlich nichts mehr davon wissen.“

Mugabe mußte handeln, denn die vielen Bürger Simbabwes, die ihn im Unabhängigkeitskampf unterstützt hatten, wollten nun das Land für sich selbst in Besitz nehmen, schließlich hatten sie auch dafür gekämpft. Die vor einigen Jahren per Gesetz verfügte Enteignung zahlreicher Farmer führte schließlich auch dazu, daß westliches Kapital um Simbabwe einen Bogen machte und westliche Unternehmen ihre Kapitaleinlagen zurückzogen, was Simbabwe in eine wirtschaftliche Krise stürzte. Wenn man heute von den chaotischen Verhältnissen in dem Land mit weit über 7.000% Inflation und 80% Arbeitslosigkeit hört, so wird immer wieder verschwiegen, dass diese Probleme nicht ausschließlich hausgemacht sind, sondern Teil einer Strategie des Westens, Mugabe unter Druck zu setzen, seine antikapitalistisch, antiwestlich ausgerichtete  Politik einzustellen.

Immer wieder versucht der Westen und neuerdings auch Rußland, ökonomische Daumenschrauben bei mißliebigen Regierungen anzusetzen. Der wirtschaftliche Druck der USA auf Chile während der Regierung des Sozialisten Salvador Allende 1970-73 oder das Embargo gegen Kuba sind weltweit bekannt. Doch was in Afrika passiert, bekommen wir in Europa kaum mit, denn diese unterentwickelten Staaten verfügen kaum über die Möglichkeit zu wirksamer „Gegenpropaganda“.

Wenn Frau Merkel, die selbst auch kein Beispiel für gute Regierungsführung abgibt, sich an einer Politik des politischen und ökonomischen Druckes gegen unbotmäßige Regierungen anderer Staaten beteiligt, so kann dies nur schlecht sein für Deutschlands Ansehen in der Welt. Das Erbe des Kolonialismus lastet schwer auf dem afrikanischen Kontinent. Noch immer betreiben die westlichen Länder keine Politik partnerschaftlicher Zusammenarbeit, sondern der Bevormundung und wirtschaftlicher Vorteilsnahme.  Dass sich die deutsche Bundeskanzlerin in jüngster Zeit zum ideologischen Wortführer aufschwingt, bedauern die Kräfte der demokratischen Opposition aufs tiefste. Auch in dieser Hinsicht drückt sie nicht mehr den Willen der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger aus.  

 Oder hatte sie von der Verwicklung des Westens in die simbabwische Krise vielleicht doch keine Ahnung? Dann hatte der senegalesische Präsident Wade doch recht – Merkel hat keine Ahnung wovon sie spricht!





Kay Hanisch