Keine Wende am Sambesi

Wieder keine Wende am Sambesi

Die Präsidentenwahl in Sambia brachte nicht nur keinen Wechsel, sondern kam auch sonst wie ein Remake der vorherigen Wahl von 2006 daher. Die Kandidaten waren nämlich alles gute alte Bekannte.

Nachdem der sambische Staatspräsident Levy Mwanawasa im August diesen Jahres an einem Gehirnschlag gestorben war, übernahm sein Vizepräsident Rupiah Banda die Amtsgeschäfte.
Laut Verfassung musste nun innerhalb von drei Monaten ein neuer Präsident gewählt werden.

Die seit 17 Jahren regierende Bewegung für Mehrparteiendemokratie (MMD), die 1991 die alte sozialistisch orientierte Staatspartei UNIP (Vereinigte Nationale Unabhängigkeitspartei) abgelöst hatte und die Sambia in eine Demokratie umwandeln wollte und dies zum Teil auch tat, gebärdet sich aber nun immer mehr wie eine neue Einheitspartei.
Zur Wahl schickte sie ihr Parteimitglied, den Interimspräsidenten Rupiah Banda ins Rennen. Dieser steht für den von Mwanawasa eingeschlagenen Kurs einer investorenfreundlichen Regierungspolitik.
Von Sambias wichtigstem Rohstoff, dem Kupfer, sowie vom allmählich aufblühenden Tourismus profitieren vornehmlich ausländische Konzerne und eine schmale Oberschicht, während ca. 80% der Bevölkerung in Armut lebt. Besonders die Chinesen haben sich die ehemaligen staatlichen Kupferminen unter dem Nagel gerissen.
Die Arbeitsbedingungen in den chinesischen Minen sind erbärmlich und gefährlich. Immer wieder kommt es zu Unfällen mit Toten.

Dies machte sich vor allem Bandas schärfster Konkurrent, der Populist Michael Sata zu Nutze. Er verfügt über starken Rückhalt im Copperbelt, dem Kupfergürtel des Landes, wo die meisten Bodenschätze lagern und verspricht niedrigere Steuern und Gratis-Wohnungen. Sata sagte sich 2001 von der MMD los und gründete die Patriotische Front (PF) als neue Oppositionspartei. Seinen radikal-populistischen Kurs hat Sata mittlerweile etwas abgemildert. Von seiner Drohung, die Chinesen aus dem Land zu werfen und Taiwan anzuerkennen, ist er abgerückt. Allerdings möchte er ausländische Investoren dazu verpflichten, das sambische Arbeitsrecht einzuhalten – was durchaus zu begrüßen ist.

Zum zweiten Mal trat auch der Geschäftsmann Hakainde Hichilema von der liberalen Vereinigten Partei für Nationale Entwicklung (UPND) an. Auch bei dieser Wahl festigte er seinen Ruf als „ewiger Dritter“. Nach dem Tod ihres Parteigründers Anderson Mazoka fehlt der UPND ein charismatisches Zugpferd. Zur Wahl 2006 wurde Hichilema neben seiner Partei von der linken UNIP und dem Forum für Demokratie und Entwicklung (FDD), einer MMD-Abspaltung, unterstützt.

Die UNIP, die heute von Tilyenji Kaunda, dem Sohn des Staatsgründers und früheren Präsidenten (1964-91) Kenneth Kaunda, geführt wird, hielt sich eine ganze Zeit lang bedeckt über ihre Absichten. Im August verkündete noch der Generalsekretär Alfred Banda, man werde Tilyenji Kaunda ins Rennen schicken, doch dieser trat dann im Oktober gar nicht erst an.
Kaunda jr. verfügt nicht über das Charisma seines Vaters, bei den Präsidentschaftswahlen 2001 erreichte er nur etwas über 10% der Stimmen.
Wie sich die UNIP nach dem Rückzieher ihres Vorsitzenden positioniert hat, war nicht in Erfahrung zu bringen.
Allerdings unterstützte der 84-jährige Ex-Präsident Kenneth Kaunda den MMD-Kandidaten Rupiah Banda. Dieser war unter Kaunda sr. mehrfach Minister und UNIP-Mitglied.

Auch der vierte Kandidat war ein alter Bekannter! Der ehemalige General Godfrey Miyanda von der Heritage Party (HP) war unter dem ersten MMD-Chef, dem von 1991-2001 autoritär regierenden Frederick Chiluba, Vizepräsident. Bereits 2006 hatte er als Kandidat für das Präsidentenamt nur 1,57% der Stimmen bekommen. Sein diesjähriges Ergebnis war mit 0,76% sogar noch schlechter. Nach seiner Entzweiung mit der MMD wurde Miyanda zum „Einzelgänger in der sambischen Politik“. In dieser Eigenschaft ist er z.B. der einzige Parlamentsabgeordnete seiner Partei.

Auch das Wahlergebnis war wie 2006 äußerst knapp. Mit nur 40,09% siegte der 71-jährige Rupiah Banda vor dem ebenfalls 71-jährigen Sata mit 38,13%. Auch bei der diesjährigen Wahl gab es Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Ergebnisses und Straßenproteste der Patriotischen Front.
Sata rief seine Anhänger – ebenfalls wie 2006 – nach einiger Zeit wieder zur Ordnung. Und das, obwohl er zuvor angekündigt hatte, einen Wahlbetrug bei dieser Wahl nicht zu akzeptieren.

Zwar bescheinigte die Südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft SADC, ein Zusammenschluß afrikanischer Staaten, an den Wahlen sei nichts Gravierendes zu beanstanden, aber gleichwohl waren die Machtmittel ungleich verteilt. Die staatlichen Medien und das gesellschaftliche Etablishment hofierten Banda. Ein hoher Heeresgeneral drohte vor der Wahl mit dem Einsatz von Gewalt, sollte das Wahlergebnis nicht akzeptiert werden. Dies wurde von der Opposition als Einschüchterung gewertet.
Dubios war ebenfalls, daß Sata bei der Stimmenauszählung zunächst in Führung lag, das Wahlergebnis später als erwartet verkündet wurde und dann der Sieg Bandas bekannt gegeben wurde. Hier besteht durchaus die Möglichkeit, daß das Ergebnis zu Gunsten des Regierungskandidaten schöngerechnet wurde, zumal in Sambia nur eine einfache Mehrheit zum Wahlsieg benötigt wird. Sata lag nämlich nach der Auszählung von Teilergebnissen aus 102 von 150 Wahlkreisen vorn, während die MMD vor der Verkündung des Endergebnisses schon ihren Sieg verkündete.
Sata und Halkainde Hichilema, der 19,7% der Stimmen bekommen hatte, kündigten darauf hin an, einen Wahlsieg Bandas nicht anzuerkennen.

So wie schon der verstorbene Levy Mwanawasa bei seinem umstrittenen Wahlsieg 2006, ließ sich auch Rupiah Banda kurz nach der Ausrufung zum Wahlsieger als Präsident vereidigen, um mögliche Zweifler an der Rechtmäßigkeit der Wahl vor vollendete Tatsachen zu stellen.

Das Forum für Demokratie und Entwicklung FDD, das 2006 noch Hichilema unterstützt hatte, begrüßte die Wahl Bandas.
An der Vereidigungszeremonie nahmen neben dem Unabhängigkeitsführer und ehemaligen sambischen Staatspräsidenten Kenneth Kaunda (UNIP) auch die Präsideten Malawis, Südafrikas und Simbabwes teil. Dies galt als Zeichen einer gewissen Normalisierung. Besonders zwischen Simbabwes Robert Mugabe und Mwanawasa war es oft zu politischen Differenzen gekommen, sowohl wegen Sambias prowestlicher und Simbabwes anti-imperialistischer Außenpolitik, als auch wegen Mugabes autoritärem Regierungsstil.

Mit der Wahl Bandas wird der Kuschelkurs mit den internationalen Kreditgebern und Konzernen fortgesetzt. Doch wenn nicht bald auch die breite Masse der Bevölkerung teilhat an den Gewinnen aus dem Kupferabbau, dann dürfte auch im noch so ruhigen Sambia bald ein anderer Wind wehen.



Kay Hanisch