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| "Nino" kehrt zurück |
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"Nino" kehrt zurück
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15.11.2005. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit fand in diesem Sommer wieder ein Machtwechsel in einem der unbedeutendsten afrikanischen Staaten statt. Selbst das Auswärtige Amt der Bundesrepublik hat auf seinen Internetseiten nichts über die Präsidentenwahl vom 1.8.2005 berichtet. Deutschsprachige Quellen findet man im Internet zu diesem Thema schon gar nicht, dabei war die Wahl keine gewöhnliche. Sie brachte den Befreiungskämpfer und langjährigen Autokraten Joao Bernardo Vieira, genannt „Nino“ auf demokratischem Wege zurück ins Amt.
Mit dem großen linken Unabhängigkeitskämpfer Amilcar Cabral und dessen Halbbruder Luis de Almeida Cabral kämpfte Viera in Guinea-Bissau seit den 60iger Jahren als Führer des militärischen Widerstandes der Afrikanischen Partei für die Unabhängigkeit von Guinea und Cap Verde (PAIGC) gegen die portugisische Kolonialmacht. 1973 wurde Amilcar Cabral von innerparteilichen Gegnern auf Betreiben des portugisischen Geheimdienstes ermordet. Die portugisische Revolutionsregierung gewährte 1975 Guinea-Bissau und den Kapverden die Unabhängigkeit. Vieira, seit 1975 Verteidigungsminister und seit 1978 Premier beseitigte 1980 mit einem Militärputsch das autoritäre Regime von Präsident Luis de Almeida Cabral. Als Präsident hatte Cabral außenpolitisch einen Kurs der Neutralität und Blockfreiheit verfolgt und galt als Freund Fidel Castros. Innenpolitisch dominierte jedoch eine kapverdische Elite die PAIGC, die sowohl in Guinea-Bissau als auch im unabhängigen Kap Verde die Regierung stellte. Die gemeinsame Regierungspartei war als Vorstufe zu einer Union beider Staaten zu sehen, Parteichef war der kapverdische Staatspräsident Aristides Pereira. Nach dem Putsch erfolgte die Spaltung in 2 unabhängige Parteien und Vieira verfolgte einen Sozialismus der frei sein sollte von sowjetischen und chinesischen Einflüssen. Es gelang ihm, im Zuge dieser Politik einen von der UdSSR in Guinea-Bissau geplanten Flottenstützpunkt zu verhindern. 1991 wurde eine Demokratisierung eingeleitet und Vieira in freien Wahlen 1994 im Amt bestätigt. Die PAIGC erhielt 62 von 100 Mandaten. Im Juni 1998 erfolgte dann eine Armeerevolte unter Vieiras Adoptivbruder General Ansumane Mané, mit dem Ziel den Präsidenten zu stürzen, da dieser den General wegen Waffenschmuggels entlassen hatte. Der Sturz Vieiras zog sich aber bis zum Mai 1999 hin, da dieser von seiner 400 Mann starken Leibwache und Truppen aus den Nachbarstaaten Guinea und Senegal unterstützt wurde. Nachdem der Präsidentenpalast heruntergebrannt wurde, beantragte „Nino“ Asyl in Portugal. Die nachfolgenden 6 Jahre waren gekennzeichnet von Chaos, häufigen Regierungswechseln, erfolgreichen und gescheiterten Putschen und administrativer Unfähigkeit. Auf Vieira folgte Parlamentspräsident Malam Bacai Sanah (PAIGC), Oppositonsführer Kumba Yala von der Partei für Soziale Erneuerung (PRS) wurde am 28.11.1999 zum Präsidenten gewählt. Doch Yala erwies sich bald als ebenso autoritär wie seine Vorgänger und zudem als unfähig das Land zu einen. Posten wurden mit Günstlingen des Präsidenten besetzt, Streitigkeiten mit dem liberalen Koalitionspartner, der Guinea-Bissau-Widerstandsbewegung (RGB) führten zu Regierungsum- bildungen. Zwei Armeeaufstände, einer davon unter General Mané, der dabei erschossen wurde, scheiterten. Nachdem Yala am 14.9.2003 durch einen Militärputsch gestürzt und durch den Übergangspräsidenten Henrique Rosa ersetzt wurde, siegte bei den Parlamentswahlen auch wieder die PAIGC, die sich seit 1999 von Vieira emanzipiert hatte.
Am 7.4.2005 kehrte der ehemalige Befreiungskämpfer in sein Land zurück und kündigte an, als Unabhängiger zur Präsidentenwahl am 19.6.2005 anzutreten. Die Bevölkerung hatte die Wahl zwischen drei Ex-Präsidenten: Malam Bacai Sanah (PAIGC) erhielt 35,3% der Stimmen, Kumba Yala (PRS) 25,7% und Vieira als Einzelkandidat 28,5%. Die Stichwahl gegen Sanah gewann er aber nur, weil sein langjähriger Rivale, der Sozialist Yala, aufrief für den ehemaligen Autokraten zu stimmen, der die Versöhnung und die Überwindung der innerstaatlichen Spaltung zu seinem Hauptwahlkampfthema gemacht hatte. Es bleibt abzuwarten, ob ihm die Stabilisierung eines der ärmsten Länder der Welt dauerhaft gelingen wird.
Kay Hanisch
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