Sihanouk online

König der Blogger

30.5.2006. Nach seiner wechselvollen politischen Karriere, die ihn seit 1941 vom „Gottkönig“ zum Gründer einer sozialistisch angehauchten Partei und zum Premierminister, später zum Staatspräsidenten und Guerilla-Führer und politischen Häftling sowie zum provisorischen Staatsoberhaupt und wieder zum König geführt hat, hat sich Kambodschas Ex-Monarch Norodom Sihanouk auch nach seiner Abdankung im Jahr 2004 und der Krönung seines Sohnes Norodom Sihamoni zum neuen König nicht komplett aufs Altenteil zurückgezogen. In seinem Blog (www.norodomsihanouk.info) teilt der „Vater der kambodschanischen Unabhängigkeit“ der vernetzten Welt seine Ansichten über Politik, Hollywood und Gesellschaft mit. Sein Internet-Auftritt kommt dabei ohne großen technischen Firlefanz aus. Täglich ca. zwei Stunden arbeitet der 83-jährige Sihanouk an seiner Seite, in die auch schon einmal bekritzelte und eingescannte Notizzettel Eingang finden.

Die Seite hat täglich über 1.000 Besucher und ist in Englisch, Französisch und der Landessprache Khmer lesbar. Der früher nur als „Prinz Sihanouk“ (der Titel trifft nach seiner Abdankung nun wieder zu) bekannte Politsenior schreibt im Stil eines einfachen Journalisten und sieht sich selbst als „älterer Bürger, der keinerlei Amtsgewalt hat“. Dennoch hat sein Wort in Kambodscha noch großes Gewicht und auch die Medien greifen häufig auf seinen Blog zurück.

Schon während seiner Herrschaft in den 50iger und 60iger Jahren betätigte sich Sihanouk als Filmregisseur und Choreograph des königlichen Balletts. Neben seiner Liebe zur Musik (er spielt Saxophon sowie Akkordeon und komponierte zahlreiche Schlager und Tangos) besaß der Prinz schon immer einen skurrilen Sinn für Humor. So verfaßte er die Leitartikel der kambodschanischen Presse selbst und bezeichnete sich als Korrespondent der Pariser Satire-Zeitung „Le Canard Enchaine“.

Von dem Parteiengezänk und dem Machtgerangel zwischen dem autoritären Ministerpräsidenten Hun Sen (Kambodschanische Volkspartei CPP) und seinem Sohn Norodom Ranariddh (Parlamentspräsident und Vorsitzender der einst von Sihanouk gegründeten monarchistischen FUNCINPEC-Partei) zeigte sich der ehemalige König eher abgestoßen. In seinem Blog äußerste sich ein „Brieffreund“ und „Journalist“ namens Ruom Ritt kritisch über die Zustände in Kambodschas politischer Klasse und machte sich über die Regierung lustig. Wie sich aber bald herausstellte, war Ruom Ritt niemand anderes als Sihanouk höchstpersönlich. Hun Sen war derart wütend, daß der damals noch als König amtierende Sihanouk versprach, sein „alter ego“ Ruom Ritt werde sich nicht mehr über das heutige Kambodscha äußern.

Kürzlich schrieb der Prinz, der an Krebs, Bluthochdruck und Diabetes leidet, er habe gehört, daß eine Zeitung schon an seinem Nachruf arbeite. Sihanouk, der für mich mehr ist, als nur eine interessante Figur der politischen Zeitgeschichte, schrieb dazu: „Doch selbst heute, am Freitag dem 13., bin ich mir noch nicht meines Todes bewußt. Vielleicht bin ich schon tot. Aber ich werde weiter glauben, daß ich am Leben bin.“



Kay Hanisch