Wahl in Costa Rica

Goldene Zeiten

2.3.2006. Es hätte eigentlich alles längst gelaufen sein können. Schließlich war die Wahl bereits am 5.Februar 2006. Doch diesmal war einiges anders. Nicht nur, daß als Favorit ein ehemaliger Staatspräsident antrat, der zudem noch Träger des Friedensnobelpreises ist und das man für seine Kandidatur auch noch die Verfassung ändern mußte. Nein, auch das traditionelle Zwei-Parteien-System Costa Ricas könnte endgültig der Geschichte angehören.

Costa Rica galt lange Zeit als „Schweiz Mittelamerikas“. Demokratisch, offiziell neutral und wirtschaftlich und politisch stabil. Der Vater der modernen costaricanischen Demokratie war der Sozialdemokrat José Figueres Ferrer, der in den 40iger Jahren eine „Karibische Legion“ zum Sturz der Diktaturen Mittelamerikas anführte. Zu den ersten Amtshandlungen seiner Präsidentschaft (1948/49, 1953-58 und 1970-74) gehörte die Abschaffung des Militärs.
In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich ein stabiles Zwei-Parteien-System um die Partei der Nationalen Befreiung (PLN) und die Vereinigte Christlich-Soziale Partei (PUSC).
Obwohl offiziell neutral geriet Costa Rica in den 80iger Jahren immer mehr in den Strudel des Guerilla-Krieges der rechten Contras gegen die sandinistische Regierung in Nicaragua. Die Terroristen nutzten das Land als Basis gegen Nicaragua, wozu nicht zuletzt der Druck der US-Administration auf die costaricanische Regierung beitrug. Erst mit dem Amtsantritt von
Oscar Arias Sanchez (1986-90) von der PLN bezog ein Präsident deutlich Stellung gegen die US-Aktivitäten im Nachbarland.
Im Laufe seiner Amtszeit entwickelte der neue Präsident den nach ihm benannten Arias-Plan, der eine Befriedung und Demokratisierung Mittelamerikas vorsah. Mit seinem liberalen Amtskollegen José Azcona del Hoyo von Honduras, dem sandinistischen Präsidenten Daniel Ortega (Nicaragua) und ihren Kollegen aus El Salvador und Guatemala unterzeichnete Arias am 7. August 1987 das Abkommen, daß ihm den Friedensnobelpreis einbrachte. Als Arias 1990 sein Amt abgeben mußte, da die Verfassung eine unmittelbare Wiederwahl verbot, hinterließ er zudem eine glänzende Wirtschaftsbilanz.

Das politische Geschehen wurden in den folgenden Jahren zunehmend dominiert von der christlich-sozialen PUSC und der sozialdemokratischen PLN. Da sich die beiden Parteien jedoch ganz dem „neoliberalen Trend“ in den 90iger Jahren hingaben und Punkte wie Armutsbekämpfung und Bildung im Zuge des Schuldenabbaus vernachlässigten, führte dies zum Austritt des Wirtschaftswissenschaftlers Ottón Solís (51) aus der PLN. Solís, der sich als „sozialdemokratischen Fundamentalisten“ bezeichnet, gründete kurz vor der Wahl 2002 die linksbürgerliche Partei der Bürgeraktion (PAC), die Front machte gegen Korruption, Vetternwirtschaft und Politikverdrossenheit. Mit diesen Themen wurde die PAC bereits bei der Wahl 2002 zum Shooting-Star und erhielt auf Anhieb 14 von 57 Sitzen. Die Traditionsparteien PLN und PUSC verloren dramatisch an Sympathien in der Bevölkerung, da sie von Korruptionsvorwürfen umgeben waren und drei ihrer Ex-Präsidenten wegen eben dieser Vorwürfe unter Anklage standen.
Die Chancen auf einen Wahlsieg standen für beide Altparteien schlecht. Deswegen nominierte die PLN den Millionär Arias, der dem rechten Flügel der Partei angehört, als Präsidentschaftskandidaten. Der international angesehene Politiker soll etwas vom früheren Glanz des „alten“ Costa Ricas - inkl. Sozialstaat und demokratische Vorreiterrolle – in Wahlkampf bringen. Doch Arias wirkte während der Wahlschlacht müde und ausgebrannt – und bezeichnete seinen Herausforderer Solís schon mal öffentlich als „Taliban“ – was immer das auch bedeuten sollte.

Bei der Wahl am 5. Februar traten neben Arias (40,5%) und Solís (40,3%) auch noch Otto Guevara von der marktradikalen „Libertären Bewegung“ ML (8,4%) und Ricardo Toledo von der christlich-sozialen PUSC (3,4%) an. Während Guevara bereits 2002 schon für das Präsidentenamt kandidiert hatte, scheiterte der Versuch der regierenden PUSC des scheidenden Präsidenten Abel Pacheco de la Espriella, den Präsidentenstuhl mit einem Parteigenossen zu besetzen kläglich. Auch einige Abweichler beteiligten sich am Run auf das höchste Staatsamt: José Miguel Corrales von der linken Patriotischen Union UP, die sich von der PAC abgespalten hatte und Antonio Alvarez von der Union für den Wechsel (UPC), der aus der PLN wegen der Kandidatur von Arias ausgetreten war.

Bei der gleichzeitig stattfindenden Parlamentswahl erlitt die Regierungspartei eine herbe Niederlage. Die PUSC bekam nur noch 4 Mandate und landete noch hinter der kleinen libertären ML (6 Sitze). Die Gewinner der Wahl waren die vom Arias-Bonus zehrende PLN mit 25 Sitzen und die PAC, die 18 Mandate erhielt und damit das traditionelle Zweiparteiensystem fürs erste ausgehebelt hatte. Weitere 4 Mandate erhielten die kleineren Parteien.

Die Anhänger von Ottón Solís wollten den knappen Sieg von Arias nicht anerkennen. Um Unruhen vorzubeugen wurden die Stimmzettel noch einmal von Hand ausgezählt, doch der Trend eines knappen Sieges von Arias wurde bestätigt: Mit nur 18.000 Stimmen Vorsprung siegte er nun seit letzter Woche offiziell über seinen Herausforderer Solís, der den Sieg seines früheren Parteifreundes anerkannte.
Beide Politiker sind übrigens für das amerikanische Freihandelsabkommen CAFTA. Im Unterschied zu Arias wollte Solís aber eine Volksabstimmung über den Beitritt durchführen lassen. Fest steht, daß Oscar Arias Sanchez gewählt wurde, weil das Volk mit seiner ersten Präsidentschaft eine „goldene Ära“ des Landes in Verbindung bringt. Nun muß er in der Praxis beweisen, daß er das Land auch unter wirtschaftlich schwierigen Bedingungen erfolgreich lenken kann.



Kay Hanisch