Déby wirft Konzerne raus

Neues vom Wüstencowboy

8.9.2006. Das Jahr 2006 ist das Jahr, in dem Tschads Präsident Idriss Déby für Furore sorgt. Nachdem seine Armee im Frühjahr die schon in die Hauptstadt N´Djamena eingedrungenen Rebellen der Vereinigten Front für den Wandel (FUC) zurückschlagen konnten, gewann er kurz darauf die Präsidentenwahlen, bei denen er dreien seiner vier Gegenkandidaten den Wahlkampf selbst finanzierte (mehr Kandidaten = sieht nach mehr Demokratie aus).
Vor wenigen Wochen folgte die – zumindest formelle – Versöhnung mit dem Erzfeind Omar al-Bashir, dem Diktator Sudans. Gleichzeitig brach der Tschad die Beziehungen zum langjährigen Verbündeten Taiwan ab und erkannte die VR China als „einziges China“ an.
Und letzte Woche warf Déby zwei große Ölkonzerne, Chevron (USA) und Petronas (Malaysia) aus dem Land, die zusammen 60% der tschadischen Erdölförderung kontrollierten und kündigte die Gründung einer nationalen Erdölgesellschaft im Tschad an. Was auf den ersten Blick aussieht, wie das opportunistische Gebaren eines launischen Autokraten, ist in Wahrheit eine kühle Strategie, bei der es um nicht nur um das Überleben der Regierung Déby, sondern auch um die Beendigung des Bürgerkrieges geht.



Déby begründete sein Vorgehen damit, daß die beiden Unternehmen keine Steuern an den Tschad gezahlt hätten, was von den Unternehmen dementiert wurde. Tatsache ist aber, daß der US-Ölkonzern Exxon, der das Dreierkonsortium mit 40% Beteiligung angeführt hat, unbehelligt blieb und die Regierung auch weiter mit diesem Konzern zusammenarbeiten möchte. Feststeht auch, daß Déby einige Minister entlassen hat, die Chevron und Petronas angeblich sogar geraten hatten, ihre Steuern nicht zu zahlen.
Vor jubelnden Anhängern verkündete Idriss Déby nun, daß eine neue tschadische Erdölgesellschaft den 60%igen Anteil der geschassten Ölmultis übernehmen wird. Bisher bekam der Tschad nur ein Achtel der Einnahmen aus der Ölförderung, „Krümel“, wie sein Präsident zu Recht findet.

Die „Strategen“ von der Financial Times Deutschland mutmaßen hier, daß der Tschad nur den Preis, sprich den Eigenanteil bei den Einahmen hochtreiben möchte und bei einer Ablehnung der Konzerne chinesische Investoren ins Land holen würde. Doch diese Begründung greift zu kurz. Déby spielt bewußt die nationale Karte, denn er muß seine Macht festigen. Die Wahlen im Frühling wurden von großen Teilen der zivilen Opposition boykottiert, die vor allem im Süden, dem Ölfördergebiet viele Anhänger hat und wo es eine regelrechte Anti-Ölförderungs-Bewegung gibt, da für die Förderung des Schwarzen Goldes offenbar gravierende Umweltschäden in Kauf genommen wurden. Das Regime muß dem nun entgegen wirken, will es nicht zulassen, daß ein neuer Unruheherd entsteht, denn auch mehrere Rebellengruppen, darunter die FUC als stärkste, bedrängen die Herrschaft des Déby-Clans. Zeitweise soll die Regierung nach Rebellenangaben nur noch 20% des Landes kontrolliert haben. Déby scheint sich entschlossen zu haben, nicht ausschließlich auf die militärische Karte zu setzen.

Der Bruch Tschads mit Taiwan, neben Frankreich der wichtigste nichtafrikanische Verbündete der Regierung, war auch nur taktisches Kalkül. Schließlich war es die rohstoffhungrige VR China, die über den Sudan die FUC-Rebellen unterstützt hatte. Die Aussöhnung mit dem großen Nachbar Sudan und der Volksrepublik ist ein erster Versuch, den Rebellen das Wasser abzugraben. In einem Brief an Taiwans Präsident Chen Shui-bian entschuldigte sich Déby für den Abbruch der Beziehungen und erklärte, warum der Kurswechsel notwendig war. Er hoffe weiter auf gute „inoffizielle Zusammenarbeit“ mit der Inselrepublik, schrieb er. Und Débys Versprechen bei seiner Vereidigung, seine dritte Amtszeit werde „im Zeichen des Sozialen stehen“ und er werde sich für „völlige Transparenz“ bei der Verwendung der Gelder aus den Erdölgewinnung einsetzen, kann als Zugeständnis an die zivile Opposition und an die Weltbank gewertet werden, mit der die Regierung Anfang des Jahres wegen der Verwendung der Öleinnahmen für Waffenkäufe im Streit lag.
Insgesamt sind die Aktivitäten der Volksrepublik China in Afrika als eher bedenklich einzustufen. Zwar sind die Chinesen bei afrikanischen Potentaten beliebt, pflegen sie doch mit der Formel der „Nichteinmischung in die internen Angelegenheiten afrikanischer Staaten“ auch in Sachen Menschenrechten keine kritischen Kommentare abzugeben. Doch daß es mit dieser „Nichteinmischung“ nicht weit her, hat der Tschad gerade am eigenen Leib erfahren müssen. Hinzu kommt die Unterstützung für Gewaltherrscher wie Simbabwes senilen Diktator Robert Mugabe oder den wenig skrupelbelasteten Omar al-Bashir, der gerade in der sudanesischen Bürgerkriegsprovinz Darfur die eigene Bevölkerung bombardieren läßt.

Kay Hanisch