Interview

Interview mit Johannes Hertrampf zur Finanzkrise

Johannes Hertrampf ist Doktor der Ökonomischen Wissenschaften und der Philosophie. Seit 1993 ist der ehemalige Dozent der TU Dresden Bundesvorsitzender der Freiheitlichen Partei Deutschlands (FP Deutschlands) und gehörte 2006 zu den Gründern der „Allianz Demokratischer Parteien und Organisationen“.

Welt im Blick: Herr Dr. Hertrampf, wie beurteilen Sie die derzeitigen Maßnahmen der Bundesregierung zur Weltfinanzkrise?

Hertrampf: Sie sind nicht auf eine Beseitigung der Ursachen der Finanzkrise gerichtet, sondern auf eine Umverteilung in neuen Dimensionen in den vom Finanzsystem beherrschten Ländern. Die Finanzkrise ist ein großer Weltbetrug, bei dem es darum geht, die Weltherrschaft der USA zu retten.

Welt im Blick: Sie kritisieren in Ihrem Aufsatz „Finanzkrise – Irrweg und Ausweg“, daß die BRD den US-Banken finanziell unter die Arme greift. Ist es nicht richtig, daß Finanzsystem zu stützen, um einen völligen Zusammenbruch zu verhindern?

Hertrampf: Wenn das gegenwärtige Finanzsystem Riesenlöcher in die Staatshaushalte und in die Budgets der Bürger reißt, weil es die Mittel für eine falsche Politik bereitzustellen hat, dann sollte es nicht saniert werden, sondern es sollte ein kontrollierter Abriss erfolgen. Ein solcher „Zusammenbruch“ ist für die Völker wie die Befreiung von einem bösen Leiden.

Welt im Blick: Sie bezeichnen die „Wirtschaftsweisen“ der Bundesregierung verständlicherweise als „Scharlatane“, da sie weitere Investitionen in das marode Finanzsystem fordern, ohne zu erklären, woher das Geld kommen soll. Wie sollten sich die „Wirtschaftsweisen“ Ihrer Meinung nach verhalten?

Hertrampf: Ein Weiser ist ein besonders vernünftiger Mensch. Wer heute weitere Investiti-onen fordert und nicht gleichzeitig einen politischen Wandel verlangt, der fordert das, was die Bundesregierung schon tut: noch mehr Kredite aufnehmen und noch mehr Zinsen über Steuern und Abgaben an die Banken abliefern. Das ist aber den „Wirtschaftsweisen“ bekannt. Sie müssten den Mut haben, der Öffentlichkeit reinen Wein einzuschenken. Von Perikles stammt die Aussage: „Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut“.

Welt im Blick: Eine Ihrer Forderungen ist es, die Verbindungsstränge zu den internationalen Finanzorganisationen IWF und Weltbank zu kappen. Würde das Deutschand nicht in ein wirtschaftliches Chaos führen?

Hertrampf: Die Finanzblase, die um den Erdball schwebt, ist ein Mittel zur Beherrschung realwirtschaftlicher Vorgänge. Die von Ihnen genannten Institutionen sind Steuerzentralen dieser Finanzblase. Wenn die Staaten ihre Verbindungsstränge zu diesen kappen, wird damit der realwirtschaftliche Ablauf nicht gestört, sondern sein Missbrauch unterbunden. Die Kriege in Jugoslawien, im Irak, in Afghanistan haben viel Geld gekostet und kosten es noch. Das alles muss bezahlt werden. Die Politik am Tropf ist der eigentliche Grund für die Ausplünderung. Und genau diese Geldströme gilt es zu unterbinden.

Welt im Blick: Seit einigen Jahren fordert Ihre Partei ein jährliches Investitionsprogramm des Staates in Höhe von 50 Mrd. Euro, um die deutsche Wirtschaft anzukurbeln. Seit letztem Jahr hat die Linkspartei diese Forderung offenbar übernommen. Woher soll das Geld angesichts leerer Kassen denn kommen?

Hertrampf: Ein solches jährliches Investitionsprogramm in Höhe von 50 Mrd. Euro muss zweckgebunden verausgabt und öffentlich kontrolliert werden. Es soll nicht nur Arbeitsplätze schaffen, sondern es muss der Erneuerung von Wirtschaft und Gesellschaft dienen. Bei der Finanzierung legen wir den Schwerpunkt auf ein Moratorium der Staatsschulden. Aber es gibt auch weitere Möglichkeiten, Gelder frei zu bekommen, ohne den Bürger und die Wirtschaft auch nur mit einem Cent zu belasten. Ich nenne hier die Auslandseinsätze der Bundeswehr, die sogenannten Verteidigungsausgaben und das Milliardengrab EU. Übrigens, die Regierung von Ecuador hat ein solches Schuldenmoratorium beschlossen.

Welt im Blick: Im Jahr 2006 wirkten Sie an der Gründung der „Allianz Demokratischer Parteien und Organisationen“ mit, einem Zusammenschluß völlig unterschiedlich ausgerichteter Gruppierungen, der mittlerweile einige seiner „Konkurrenzprojekte“, wie die Kleinparteien-Fusions-Bewegung „Perspektive“ überlebt hat. Einige der Gruppierungen in der „Allianz“ bezeichnen sich als „humanistisch“, einige als unabhängig, links, Mitte-links, oder bürgerlich, andere wiederum als patriotisch oder neutralistisch. Wie kam es zum Zusammenschluß gerade dieser verschiedenen Gruppierungen und ist es nicht schwer, hier einen gemeinsamen Nenner zu finden?

Hertrampf: Der Ausgangspunkt unserer Bemühungen war: Deutschland braucht eine starke demokratische Alternative. Das Fehlen einer solchen Alternative macht sich bei jeder Wahl bemerkbar. Der Bürger sucht, aber er findet nicht das, was er sucht. Die kleinen demokratischen Oppositionsparteien sind ein Ausdruck dieser Unzufriedenheit. Jede dieser Parteien hat sich im Verlaufe der Jahre auf ihre Weise profiliert und die Mitglieder haben selbstlos und mit Begeisterung gearbeitet. Die Zersplitterung zu überwinden, bei Erhaltung von Besonderheiten, ist eine richtige Einsicht. Aber es hat sich gezeigt, ein bloßer Zusammenschluss ist nicht möglich. Die demokratische Opposition braucht ihr eigenes, neues politisches Konzept, welches nicht einfach die Quintessenz aller bisherigen Vorstellungen ist. Ich möchte sagen, sie braucht ihre eigene Philosophie. Die demokratische Alternative für Deutschland ist eine Neuschöpfung. Sie ist ein praktisch-geistiges Produkt, welches erarbeitet werden muss und nicht einfach übernommen werden kann. Und am besten dadurch, dass man an der politischen Auseinandersetzung unmittelbar teilnimmt.

Welt im Blick: Was wären aus Ihrer Sicht die Kernforderungen für einen alternativen Entwicklungsweg Deutschlands?

Hertrampf: Ganz oben steht die politische Reform, mit dem Ziel, eine wirkliche Volkssou-veränität auf den Weg zu bringen. Dazu gehören: Einführung von Volksabstimmungen und Volksbefragungen, Änderungen des Wahlgesetzes, politische Entmachtung der Parteien. Als nächstes ist die wirtschaftliche und gesellschaftliche Erneuerung zu nennen, mit einem vor-bildlichen Bildungs- und Sozialwesen als Voraussetzung für eine hohe Leistungskraft unseres Volkes. Die vor uns liegende Erneuerung Deutschlands erfordert einen noch nie da gewesenen Leistungswillen und eine noch nie da gewesene Schöpferkraft unseres Volkes. Und schließlich brauchen wir eine europa- und weltpolitische Neuausrichtung der deutschen Politik. Wir können nicht länger Vasallen der USA sein. Wir wollen freie, solidarische und leistungsorientierte Beziehungen zu allen Völkern und Staaten.

Welt im Blick: Wird Ihrer Partei 2009 zu einer Wahl antreten?

Hertrampf: Unsere Partei hat sich vorgenommen, an der Landtagswahl in Sachsen teilzunehmen.

Welt im Blick: Wir danken Ihnen für dieses Interview.