Wahlsieg eines Toten

Ein Toter siegt über die Altparteien

Mit einem fulminanten Wahlsieg in Kärnten etabliert sich das „Bündnis Zukunft Österreich“ im März 2009 weiter als politische Größe, hängt Sozialdemokraten und Konservative ab, während die rechte Konkurrenz gar nicht erst ins Parlament kommt

Ja, es war schon ein wenig makaber, als das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) im Bundesland Kärnten mit dem Namenszusatz „Liste Jörg Haider“ antrat.
Haider, bis vor reichlich vier Monaten Regierungschef von Kärnten und international wohl der bekannteste, als auch umstrittenste österreichische Politiker der letzten 20 Jahre, war im Oktober 2008 unter Alkoholeinfluß mit seinem Dienstwagen tödlich verunglückt.
Nach seinem Tod übernahm sein Stellvertreter Gerhard Dörfler das Amt des Landeshauptmanns (Ministerpräsident).
Das von Haider 2005 gegründete BZÖ war im Prinzip geprägt von den rechtspopulistischen Ansichten seines Gründers und dessen Anhängern, auch wenn es diese Politik in etwas abgemilderter Form vertrat als Haiders frühere Partei FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs).

Nun hat das BZÖ mit dem blassen Dörfler als Spitzenkandidaten 45,48% der Stimmen erhalten. Das ist mehr als Sozialdemokraten (28,59%) und die konservative ÖVP (16,50%) zusammen genommen. Die rechtspopulistische FPÖ schaffte es mit 3,79% gar nicht mehr ins Parlament, die Grünen zittern noch mit 4,99% ob sie nach der Auszählung der Briefwählerstimmen ins Parlament einziehen.

Die Umfragen prognostizierten eigentlich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen BZÖ und Sozialdemokraten (SPÖ). Beide lagen in den Umfragen bei etwas über 30% und die Medien versuchten Landeshauptmann Gerhard Dörfler keine Peinlichkeit zu ersparen. Dörfler, der erst vor wenigen Jahren als Quereinsteiger in die Politik kam, ließ im Wahlkampf allerdings kaum ein Fettnäpfchen aus. Besonders sein Hang zum Witze erzählen wurde ihm zum Verhängnis. In Anwesenheit des mit ihm befreundeten dunkelhäutigen Sängers Roberto Blanco riß er einen etwas peinlichen „Negerwitz“. Vor mehreren Hundert versammelten Polizisten fragte er, was denn der Unterschied zwischen dem Ötzi und einem gescheiten Polizisten sei.
Antwort Dörflers: Den Ötzi hat man schon gefunden.

Im Wahlkampf hat das BZÖ mit dem Slogan „Kärnten geht SEINEN Weg“ geworben, was sowohl auf das Land, als auch auf den mittlerweile als Übervater und Märtyrer verehrten Jörg Haider bezogen werden kann. Tatsächlich haben Haider und das BZÖ in Kärnten eine erfolgreiche Sozialpolitik für Einkommensschwache gemacht. Der Partei gelang es, bei den Bürgern sich einerseits als DIE „Kärnten-Partei“, andererseits als die besseren Sozialdemokraten darzustellen.
Den Wahlkampf hat der 27-jährige Stefan Petzner, der nach Haiders Tod kurzfristig den Parteivorsitz übernommen hatte, konzepiert. Der wortgewandte Petzner, heute stellvertretender BZÖ-Fraktionschef im Bundesparlament, wurde nach wenigen Tagen als Vorsitzender abgesägt, als ihm die Boulevard-Presse eine angebliche „homosexuelle Affäre“ zum toten Jörg Haider anhängen wollte.

Haiders Witwe Claudia sagte zur Presse, das Wahlergebnis sei “ein Zeichen der Anerkennung für meinen Mann und seine Politik.” Der Politologe Peter Filzmeier meinte zur Wahl, daß ein Fünf-Parteien-System in Österreich nun fest verankert sei.

Auch die Gegner rechter Ideologien, für die Haider immer eine der beliebtesten Reizfiguren war, könnten der Wahl etwas gutes abgewinnen. Denn der Aufstieg der radikalen FPÖ scheint vorerst gebremst. Deren jugendlich wirkender Parteivorsitzender Heinz Christian Strache, der wie ein auf Krawall gebürsteter Haider auftritt und mit seiner Partei bei den letzten Wahlen von Sieg zu Sieg eilte, ist offensichtlich doch kein Wundertäter, gegen den kein Kraut gewachsen ist.

Das sich der BZÖ-Sieg außerhalb Kärntens wiederholen wird, ist derzeit eher unwahrscheinlich. Bei der gleichzeitig stattfindenden Landtagswahl in Salzburg erhielt die erstmals antretende Partei 3,7% und scheiterte so knapp an der 4%-Hürde.

Das in Kärnten die Partei eines Toten mehr Stimmen bekommt als die beiden selbsternannten „Volksparteien“ zusammen, zeigt schon, wie sehr diese Parteien den Rückhalt bei den Bürgern durch ihre neoliberale Regierungspolitik in Wien verspielt haben.


Kay Hanisch