Andrzej Lepper

Totgesagt und doch dabei


Andrzej Lepper ist Polens berühmtester und zugleich skandalumwittertster Polit-Rebell.
Der frühere Schrecken der Elite will auch bei der diesjährigen Präsidentschaftswahl antreten.

Man hatte ja eigentlich gedacht, Andrzej Lepper sei am Ende. Nach zahlreichen Strafprozessen wegen tatsächlich begangener und von seinen Gegnern ihm angedichteten Straftaten sollte er sich vor Scham in eine Ecke verkriechen und von der politischen Bühne verschwinden. Doch dem ist nicht so! Der Mann – obwohl ohne Chancen – will zum vierten Mal Präsident Polens werden, auch wenn er Umfragen zufolge nur mit zwei bis vier Prozent der Wählerstimmen rechnen kann. Sein bestes Wahlergebnis fuhr er 2005 mit 15,1% und dem dritten Platz ein. Seine Wahlempfehlung war in der anschließenden Stichwahl ausschlaggebend für den Wahlsieg des kürzlich bei einem Flugzeugabsturz verunglückten Präsidenten Lech Kaczynski.

Andrzej Lepper ist ein politisches Phänomen, für das es in Deutschland nichts Vergleichbares gibt. Für viele Verlierer des neoliberalen Turbokapitalismus ist er ein Robin Hood mit Chuzpe und Zivilcourage, für die Wende-Gewinner und Oberschichten Polens ist er ein skandalumwitterter Emporkömmling mit über 100 Vorstrafen (hauptsächlich aufgrund politischer Aktionen oder Äußerungen).
Die zum Teil hasserfüllte Beurteilung Leppers durch die neoliberale Mainstream-Presse Polens ist es dann auch, welche in deutschen Medien oft einfach kritiklos übernommen wird.

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Nach seinem Abitur begann Lepper in den 70iger Jahren eine Arbeit als Fachmann auf einem Staatsgut im damals noch sozialistischen Polen. Nachdem Eintritt in die Polnische Vereinigte Arbeiterpartei (PVAP) arbeitete er sich auf einen Leitungsposten hoch, gab diesen aber 1980 wieder auf, um sich mit einem eigenen Bauernhof in Nordpolen selbstständig zu machen. Damals wähnte er sich am Ziel seiner Wünsche, doch der gesellschaftliche Wandel 1989/90 machte Lepper, wie vielen anderen tausend Bauern einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Dreistellige Inflationsraten und in die Höhe schießende Zinsen ruinierten die Bauern. Gerichtsvollzieher zogen über das Land und trieben unter Polizeischutz die Schulden ein. Hinzu kamen Agrarimporte aus der EU, die dank Subventionen für den polnischen Konsumenten billiger waren, als sie die Bauern selbst produzieren konnten.

Der wütende Lepper organisierte den Widerstand der Bauern gegen diese Art der Abzocke. Schnell stieg er zum Anführer der vom Ruin Bedrohten auf und gründete 1992 die Bauerngewerkschaft Samoobrona, zu deutsch: „Selbstverteidigung“, die in Blütezeiten über 500.000 (!) Mitglieder hatte. In den 90iger Jahren wurde diese Gruppierung durch Straßenblockaden im ganzen Land und Traktorensternfahrten auf Warschau berühmt – und von der neoliberalen Elite gefürchtet.
Die Bauernaktivisten waren nicht zimperlich, wenn es darum ging, für ihre Rechte zu kämpfen. LKWs mit billigen Agrar-Importen wurden gestoppt und die Fahrer verprügelt. Polizisten, welche die Straßenblockaden räumen wollten, mit Jauche besprüht.
Das Landwirtschaftsministerium wurde gestürmt und besetzt und in den Bahnhöfen kippten Lepper und seine Mannen den Inhalt ganzer Weizen-Waggons aus der EU auf die Gleise.

Als sich die Samoobrona 1993 als Partei an der Parlamentswahl beteiligte, erhielt sie 2,78% der Stimmen. Die meisten Massenmedien, ob TV oder Print, unterstützten die neoliberalen Turbo-Reformer und ihre Parteien und bauten Lepper und seine Gruppierung regelrecht zum „hauptberuflichen Buhmann“ im Volk auf. Dies war aufgrund seiner Vorstrafen, seiner verbal-radikalen Ausfälle und der zum Teil gewalttätigen Aktionen seiner Partei nicht sehr schwer. Der medial erzeugte Haß ließ nicht lange auf sich warten. Einen Brandanschlag auf ein Haus, in dem Lepper übernachtete, kommentierte die u.a. zum Teil vom deutschen Springer-Konzern beherrschte polnische Presse mit der Behauptung, der Bauernführer habe diesen Anschlag aus Publicity-Gründen selbst inszeniert.
Die Kampagnen zeigten Wirkung und zur Parlamentswahl 1997 erhielt die Samoobrona nur noch 0,08% der Stimmen.

In dieser Zeit erkannte Lepper, der seine Partei eher autoritär führt, daß er die Samoobrona weiteren Wählerschichten öffnen muß, wenn er Erfolg haben möchte. Fortan engagierte sich die Bauernpartei stark für Arbeitslose, kleine Selbstständige, Rentner und Wendeverlierer.
Inhaltlich trat die Partei für einen „dritten Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus“ ein, wobei sie aber damit ausdrücklich nicht die neoliberalen politischen Stümpereien von Tony Blair und Gerhard Schröder meinte.

Gegenüber der NATO und der EU legte die Samoobrona große Skepsis an den Tag und schürte die Angst vor einem EU-Beitritt Polens. Diese würde noch mehr Bauern ruinieren, da Polen hauptsächlich in der Strategie Brüssels als Abnehmerland für Agrar-Überschüsse und nicht als Produzent landwirtschaftlicher Güter vorkam. Die Folgen waren Samoobrona-Straßenproteste, die den Bauernführer einer breiteren Öffentlichkeit bekanntmachten.

Bei den Präsidentschaftswahlen konnte Lepper sein Ergebnis von 1995 (1,3%) auf 3,1% leicht verbessern. Die Parlamentswahlen von 2001, bei denen die gewendeten Kommunisten, die als „sozialdemokratisches“, in Wirklichkeit aber neoliberales Bündnis der Demokratischen Linken (SLD) mit 41% die Wahl gewannen, verhalfen auch der Samoobrona zum Durchbruch. Mit 10,20% und 53 Abgeordneten zog die Partei in den Sejm, das polnische Parlament, ein und stellte somit die drittstärkste Fraktion.
Für das politische Etablishment Polens war dies ein gewaltiger Schock.

Der neue SLD-Premier Leszek Miller versuchte, Lepper mit „der Würde des Amtes“ zu bändigen, in dem er dafür sorgte, daß der Bauernführer zum Vize-Präsidenten des Parlaments gewählt wurde. Zwar hielt sich Lepper gegenüber der Regierung Miller zunächst etwas zurück, aber von einer Bändigung war nicht zu reden. Der neue stellvertretende Sejm-Marschall (Parlamentschef) nahm auch weiter kein Blatt vor den Mund. Staatspräsident Aleksander Kwasniewski sei „der größte Faulpelz der Nation“, Außenminister Wlodzimierz Cimoszewicz „eine bestochene Kanaille“ und Friedensnobelpreisträger Lech Walesa „ein degenerierter Säufer“ und „ein Hochstapler“, wobei Letzteres ganz offensichtlich zutraf, denn Walesa hatte seine Biografie frisiert.

Nach derartigen Äußerungen wurde Lepper als Vize-Marschall des Sejm abberufen. Doch die Abgeordneten seiner Partei standen ihrem Anführer in nichts nach und fielen ebenfalls durch lautstarke Proteste auf. Bedeutete man ihnen, daß ihre Redezeit abgelaufen war, stellte die Samoobrona im Parlament einfach eigene Lautsprecher auf und setzte die verbale Auseinandersetzung fort.

Die Bilanz der neoliberalen SLD-Regierung, welche mit der kleinen linken Arbeiterpartei und der bäuerlichen Polnischen Volkspartei PSL, einer ehemaligen Blockpartei, koalierte war desaströs. Die versprochenen sozialen Verheißungen wurden durch menschengemachte „ökonomische Sachzwänge“ bei Seite gewischt. Hinzu kamen Polens Kriegseinsatz im Irak und geheime CIA-Gefängnisse im Land. Die Politik der Regierung unterschied sich kaum von der ihrer konservativen Vorgängerregierung.

2005 stand die Samoobrona dann im Zenit ihrer Popularität. Bei den Parlamentswahlen holte sie 11,41% (56 Mandate) und Lepper belegte mit 15,1% der Stimmen den dritten Platz bei den Präsidentschaftswahlen.

Der eigentliche Wahlsieger mit 155 Sitzen im Parlament war die nationalkonservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) der eineiigen Zwillinge Lech und Jaroslaw Kaczynski, welche mit der oft als „linkspopulistisch“ eingestuften Samoobrona und der national-katholischen, ultra-konservativen Liga der Polnischen Familien (LPR, 34 Mandate) eine Koalition einging.
So wurde Andrzej Lepper nicht nur Landwirtschaftsminister, sondern gleichzeitig auch Vize-Premier Polens, was europaweit und im polnischen Etablishment für großen Protest sorgte.

In den deutschen Medien wurde die neue Regierung sofort angefeindet, da sie nicht auf einen hundertprozentigen pro-europäischen Kurs einschwenken wollte und wurde permanent als Koalition von nationalkonservativ verbohrten Betonköpfen (PiS), Radikalpopulisten (Samoobrona) und Faschisten (LPR) dargestellt.

Obwohl die Regierung Kaczynski einige fortschrittliche Beschlüsse faßte, wie zum Beispiel die Rücknahme der Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten, um kleine Händler besser vor Discounter-Konkurrenz zu schützen (übrigens auf Initiative der Samoobrona), gab es bald Krach in der Koalition. Sowohl die LPR als auch die Samoobrona lehnten eine geplante Aufstockung des polnischen Truppenkontingents um 1.000 Soldaten in Afghanistan strikt ab.
Lepper drohte sogar den Haushaltsplan der Regierung im Parlament scheitern zu lassen, wenn die Kaczynskis die Truppen in Marsch setzen.
Es zeigte sich, daß der Bauernführer Lepper es ernst meinte mit den vollmundigen Versprechen, die er vor der Wahl gemacht hatte und nicht daran dachte, sich von seiner Linie abbringen zu lassen. Auch unabhängige Beobachter gaben zu, daß er als Landwirtschaftsminister sich sehr für die Interessen der Bauern stark machte und gute Arbeit leistete. Doch die Rolle des Populisten konnte er auch in der Regierung nicht ablegen und er profilierte sich zunehmend auf dem Rücken von Premierminister Jaroslaw Kaczynski und dessen Präsidentenbruder Lech. Die Zwillinge mutmaßten, daß Lepper, immerhin Platz drei bei der letzten Wahl, sich damit auf die Präsidentschaftswahlen 2010 vorbereitete und Lech Kaczynski vom Thron stoßen könnte.
Der Plan, den die Zwillinge daraufhin ersonnen, war so einfach wie genial. Die Samoobrona und ihre Minister sollten als Mehrheitsbeschaffer in der Koalition bleiben, der Störenfried Lepper, politischer Kopf der Partei, aber „abgeschlagen“ werden.
Im Herbst 2006 wurde Lepper von Präsident Kaczynski entlassen und die Samoobrona zog sich aus der Regierung zurück. Da aber keine andere Partei zur Koalition mit den Zwillingen bereit war, setzte man nach wochenlangem Verhandlungs-Hick-Hack Lepper wieder ein und die Samoobrona wurde wieder Teil der Regierungskoalition.
Dieser Plan der Kaczynskis, sich des Bauernführers zu entledigen war fehlgeschlagen. Jetzt versuchten die Kaczynskis, dessen Position zu schwächen, in dem sie Abgeordnete der kleinen Koalitionspartner mit Posten umwarben und in die PiS-Fraktion hinüber lockten. Zum Ende der „Doppelherrschaft“ der Zwillinge hatten 10 Abgeordnete die Samoobrona und fünf die LPR verlassen. Begünstigt wurde dieses Unterfangen durch die Presse, welche die beiden kleinen Koalitionsparteien ständig unter die 5%-Hürde kritzelte, wodurch die umworbenen Abgeordneten ohnehin um ihre Wiederwahl fürchten mußten.

Doch Lepper holte zum Gegenschlag aus. Eine Vertraute, die Abgeordnete Renata Beger, ließ sich zum Schein vom Kanzleichef des Premiers abwerben und dies vom Fernsehender TVN mit versteckter Kamera filmen. Die polnische Öffentlichkeit war empört über das Verhalten der Zwillinge und die Sympathien für Lepper bei PiS-Anhängern wuchsen.

Jetzt mußte ein noch größerer Skandal her, um den Bauernführer zur Strecke zu bringen.
Mit der Anti-Korruptions-Behörde CBA, die keiner parlamentarischen Kontrolle unterlag, sondern nur dem Premier persönlich gegenüber verantwortlich war, hatte Jaroslaw Kaczynski ein geeignetes Instrument zur Bekämpfung seiner Gegner geschaffen. (Zu der Zeit ließ er bereits inoffiziell Journalisten und hochrangige Oppositionspolitiker abhören).

Die CBA schob Leppers Landwirtschaftsministerium eine gefälschte Umwidmung von Agrarland in Bauland unter. Dazu wurden zwei als dubios bekannte Geschäftsleute angeheuert, die Lepper für die Unterschrift Geld unterschieben sollten. Das Schreiben landete auf dem Tisch des Landwirtschaftsministers, doch er unterschrieb nicht – weil er gewarnt wurde. Von keinem Geringerem als dem PiS-Innenminister Janusz Kaczmarek, der die Rechtsbeugung der Zwillinge nicht mehr ertragen konnte.
Wie geplant erschienen die CBA-Ermittler mit Fernsehteam im Landwirtschaftsministerium um Lepper zu verhaften, obwohl er gar nicht unterschrieben hatte. Wie geplant entließ Kaczynski den Volkstribun aus dem Amt, obwohl er gar keine Beweise hatte. Der Krach war perfekt und schadete allen Beteiligten, vor allem aber Lepper und seiner Partei, da Kaczynski die Medien auf seiner Seite hatte.
Immer öfter wurde von Neuwahlen gesprochen. Auch Lepper wollte nun die Koalition aufkündigen, aber ein Teil seiner Abgeordneten verweigerte ihnen die Gefolgschaft, weil die Samoobrona in den Umfragen um die 5%-Hürde herumdümpelte, ebenso wie die LPR.
Jetzt konnten die Zwillinge ihre kleinen Koalitionspartner vor sich hertreiben, da diese um den Einzug ins Parlament fürchten mußten.

Das „Schiff“ Samoobrona war leckgeschlagen, aber es war noch nicht versenkt! In der Not klammern sich Ertrinkende aneinander und so beschlossen die LPR und die Leppers Partei eine gemeinsame Wahlplattform zu bilden, die sinnigerweise Liga und Samoobrona (LiS, was auf polnisch „Fuchs“ bedeutet) heißen sollte. Kurzzeitig kam dieses Bündnis auf Umfragewerte von knapp 20%, aber diese fielen bald wieder. Ein Schwerpunkt der beiden neuen Bündnispartner war die Unterzeichnung des EU-Vertrages zu verhindern. Doch aus der Zusammenarbeit wurde nichts, die Basis der beiden Parteien versagte die Gefolgschaft. Denn abgesehen von der Wirtschaftspolitik waren die programmatischen Unterschiede zwischen der scharf antikommunistischen LPR und der linkspopulistischen Samoobrona gewaltig.

Das Unterfangen der Kaczynskis und der USA einen Raketenabwehrschirm in Polen zu errichten, was viele Polen ablehnten, lieferte Lepper schon seit längerer Zeit politische Munition. Man müsse die Sicherheitsbedenken Rußlands ernst nehmen, sagte Lepper, der auch ein bekennender Fan des weißrussischen Autokraten Alexander Lukaschenko ist. Außerdem befürwortete der Bauernführer einen Volksentscheid über die Stationierung der US-Raketen, da er zudem befürchtete, daß mit den dazugehörigen Überwachungsanlagen auch die Telefone im Land abgehört werden könnten. „Je mehr Details wir erfahren, desto entschiedener lehnen wir dieses Vorhaben ab,“ sagte er damals.

Im Nachhinein meinte Lepper, daß es wohl sein Widerstand gegen den „Raketenschutzschild“ war, der ihm endgültig das Genick brach, denn es kam noch schlimmer. Denn nun war er auch für die USA ein ärgerliches Hindernis.

Hinzu kam noch ein Sex-Skandal: die ehemalige Samoobrona-Büroangestellte und regionale Abgeordnete Aneta Krawzyk erklärte, sie habe ihre Stelle sechs Jahre zuvor nur erhalten, weil sie mit dem Parteivorsitzenden Lepper und dessen Stellvertreter Stanislaw Lyzwinski geschlafen habe. Letzter sei sogar der Vater eines ihrer Kinder.

Zwar bewies ein Vaterschaftstest recht bald, daß dies nicht stimmte, aber die Geschichte hielt sich wochenlang in den Schlagzeilen und ließ die Umfragewerte der Samoobrona weiter einbrechen, so daß sie mit den denkbar schlechtesten Voraussetzungen, mit einem moralisch zerrütteten Image, einem angeschlagenen Vorsitzenden und einem durch Abwerbung dezimierten Spitzenpersonal in den Wahlkampf zog. Mit mageren 1,53% flog sie aus dem Parlament, ließ dabei aber noch die LPR mit 1,3% hinter sich. Die Kaczynskis hatten es geschafft, große Teile der Wählerklientel beider Parteien mit der PiS aufzusaugen.

Die Medien waren Lepper nie wohlgesonnen gewesen und nun traten sie mit Wohlgenuss die sogenannte „Sex-Affäre“ in der Öffentlichkeit breit. Der Gerichtsprozeß war eine Farce. Lepper nannte das alles ein „Kesseltreiben gegen meine Person“. Trotz seiner ausdrücklichen Bitte um Öffentlichkeit wurde der Prozeß hinter verschlossenen Türen geführt. Unter dem Eindruck der Skandalberichterstattung der Medien gingen auch die Mandate der Samoobrona im Europa-Parlament 2009 verloren, wo sich ihre Abgeordneten der sozialdemokratischen Fraktion angeschlossen hatten.

Das Gerichtsurteil, welches trotz dünner Beweislage Anfang 2010 gefällt wurde und Lepper zu über zwei Jahren Haft wegen „sexueller Nötigung“ verurteilte, entbehrte aller rechtsstaatlichen und westlichen Standards. So wurde die Begründung des Urteils nicht veröffentlicht, sondern geheim gehalten, zumal von den 230 gehörten Zeugen nicht ein einziger die Story der Klägerin bestätigt hatte. Das Urteil dieses „Geheimprozesses“ sieht sehr nach einem politischen Urteil aus. Der Verurteilte sieht es genauso, ist in Berufung gegangen und will notfalls bis vor den Europäischen Gerichtshof ziehen.

Das sich Lepper trotzdem entschloß, zur Präsidentschaftswahl anzutreten, schien für das polnische Etablishment nun geradezu unerhört. So verwunderte es kaum, daß ihn die Wahlkommission am 10.5.2010 von der Liste der Präsidentschaftskandidaten streichen ließ, wegen einer Jahre zurückliegenden Beleidigungsklage, die aber eingestellt wurde. Nach Protesten zog die Wahlkommission ihren Beschluß zurück und ließ Lepper doch zu. Das Strafregister sein nicht aktuell gewesen, hieß es zur Entschuldigung.

Mit Erfolgen sollte man aber bei Leppers Kandidatur nicht rechnen. Den Nimbus des Robin Hood hat er verloren, seit die Kaczynskis, die Medien und das Kartell aus Politik und Justiz ihn offenbar zum Abschuß freigegeben haben, zumal noch zwei weitere linke, globalisierungskritische Außenseiter zur Wahl antreten. Hinzu kommt, daß die verarmten Bauern, die traditionelle Samoobrona-Wählerschaft, nun verstärkt Anschluß an die Verteilernetze der EU gefunden haben und lieber Geld dafür kassieren, daß sie NICHTS anbauen – sicherlich nicht gesund für eine Volkswirtschaft!
Doch wer sollte jetzt noch dagegen protestieren? Es gibt zumindest EINEN, der nicht so leicht aufgibt, egal ob er eine Chance hat...







Kay Hanisch
Juni 2010